Marianna, Liosi

(Postdoc  LABA – The Free Fine Arts Academy / Italien; Gastdozentin, MA Spatian Strategies /Spanien; Weißensee Kunsthochschule / Deutschland)

Marianna Liosi ist eine Kunstkuratorin und Forscherin. Im Jahr 2020 schloss sie ihre Promotion in Geisteswissenschaften an der Universität von Ferrara, Italien, ab. In ihrer Dissertation mit dem Titel Social Networks as Digital Archives: Videos der tunesischen Revolution nach dem 14. Januar 2011 wollte sie einen Überblick über die Rolle sozialer Netzwerke, insbesondere von YouTube und Facebook, als digitale Archive innerhalb der Kultur der Konnektivität in Tunesien nach Ben Ali geben. Ihre Forschungsinteressen konzentrieren sich auf die Frage des engagierten Zuschauens, soziale Netzwerke als digitale Archive, Affekte und Emotionen sowie das digitale Gedächtnis als Werkzeug des Widerstands. Zusammen mit der Künstlerin und Professorin Nasan Tur hielt sie das Seminar “‘We want the break, we want to fail’ (L. Russell). Politik der Selbstkonfiguration in herausfordernden Zeiten” am MA Spatial Strategies, Weißensee Kunsthochschule, Berlin (2021). Sie war Dozentin für Medien und Wahrnehmungstheorie an der LABA – The Free Fine Arts Academy in Rimini (Italien) (2019-2021). Als Kuratorin initiierte Marianna 2016 das experimentelle kuratorisch-pädagogische Laboratorium Between-Broadcast Workshop (BB-W), ein fortlaufendes Laboratorium für Diskussion und Kreation an Universitäten, sowie einen YouTube-Kanal. BB-W erforscht die Verbindung zwischen Militanz durch Videos, Empathie und digitalen Erinnerungen sowie den Aktivismus des Zuschauers/Nutzers durch filmische Montage. Sie hat Aufsätze in Sammelbänden veröffentlicht, wie z.B. Bildzeugnisse – Zeugenschaft in Zeiten sozialer Medien, (hrsg. von Kerstin Schankweiler, Verena Straub, Tobias Wendl (2019), sowie Artikel in der Zeitschrift Video Journal of Education and Pedagogy, SpringerOpen, und im opendemocracy.net und Ibraaz.

Projekt Mémoire & Justice

Emotional Phenomena Within Memory as Fiction: the Transitional Justice in Tunisia

Die Forschung zielt darauf ab, das Gerechtigkeitsgefühl in Verbindung mit vermittelter und digital vermittelter Erinnerung und emotionalen Phänomenen während der Übergangsjustiz in Tunesien nach dem 14. Januar 2011 zu untersuchen. Insbesondere betrachte ich die Übergangsjustiz als eine Phase, die in den noch andauernden revolutionären Prozess im Land eingebettet ist.

Der Schwerpunkt meiner Studie liegt auf dem gemeinschaftlichen Erbe, das Emotionen und Gefühle während der Übergangsjustiz in Tunesien aufbauen. Während des Versöhnungsprozesses zwischen den Bürgern und dem Staat tragen Emotionen und Gefühle zur Aktualisierung der Erfahrungen der Bürger bei und geben ihnen eine Stimme. Ich behaupte, dass das öffentliche Teilen persönlicher Erinnerungen und damit verbundener Emotionen es ermöglicht, diese über die individuelle Sphäre hinaus zu übertragen und sie in ein kollektives Erbe zu verwandeln.

Meine Forschungsobjekte sind die vermittelten visuellen Materialien, insbesondere Kunstwerke, die in Tunesien während des revolutionären Prozesses entstanden sind. Anhand der Videoperformance von Souad Mani und der Installationen von Héla Ammar werde ich untersuchen, wie die Ästhetik sowie die digitalen und analogen Medien, die von diesen beiden Künstlerinnen verwendet werden, zur Entwicklung des Gerechtigkeitsgefühls in der tunesischen Gemeinschaft beitragen. Darüber hinaus werde ich beobachten, inwieweit dieses Gefühl von der Erinnerung beeinflusst wird oder ihrerseits von ihr beeinflusst wird. Ich gehe davon aus, dass das soziale Engagement durch Kunst Subjekte und Gruppen heilen kann. Ich gehe davon aus, dass der Einsatz spezifischer Medien, wie z. B. digitaler Medien, ein Gefühl der sozialen und politischen Rehabilitation fördert.

Letztendlich wird meine Studie den Begriff der Kollektivität kritisch untersuchen, wenn es darum geht, über die Vielschichtigkeit von Erzählungen nachzudenken, die das Gedächtnis zusammensetzen, und sie betrachtet die Verbindung zwischen Kunst und dem öffentlichen Teilen von emotionalen Phänomenen innerhalb des Heilungsprozesses, den der Prozess der Übergangsjustiz in Tunesien erreichen wollte.

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